Mittrinkende Beobachtung


David Slattery erklärt das Irischsein in „How To Be Irish“

Wenn Ihnen die einheimischen Neurosen und Macken nicht genug sind, dann legen Sie sich doch noch ein paar irische zu. Welche das sind und wie genau man sie sich draufschafft, erklärt David Slattery in dem jüngst bei btb erschienenen Ratgeber „How to be Irish“.
Mittlerweile grassiert eine als Wie-Literatur zu bezeichnende Gattung in unserem gepriesenen Leseland, und so mancher sich immerhin noch durchs Schmökern hervortuende Zeitgenosse kommt darüber nicht hinaus. „Wie werde ich schnell reich“, „Wie werde ich schlank ohne Verzicht“, „Wie werde ich glücklich ohne es auch nur im entferntesten verdient zu haben“.
In diese Reihe der Flach-Unterhaltung reiht Slatterys Werk sich nicht ein, sonst wäre es uns keine einzige Zeile wert.
Sondern Slattery, der auf einem Foto im Inneren des Buchcovers die Nase in ein Buch und die Füße in eine Wasserschüssel gesteckt hat, ist damit vortrefflich porträtiert als kluger Scherzbold mit Hang zur Exzentrik, der genau zu beobachten vermag und den Finger an die wunden Charakterstellen seiner Landsleute legt ohne ihnen ernsthaft weh zu tun.
Zugereiste wie die deutschen Auswanderer nennt er Plastic Paddys. Die meisten sind ihnen schon begegnet, diesen Exemplaren, die irischer sind als alle Iren, die in ein Snug (Säuferkoje im Pub) passen, zusammen. Bevorzugt sehen sie sich als Wahrer irischer Kultur und Geschichte. „Unsere nationale Identität verdanken wir tatsächlich einer kleinen Armee von Plastic Paddys, die mit aller Kraft unsere Traditionen am Leben erhalten wollen“, fasst Slattery diesen Umstand zusammen.
Und legt den Hereingeschneiten dringend ans Herz, erstmal zu entschleunigen. Es folgt der Rat, sich schlecht zu fühlen oder zumindest diesen Eindruck zu erwecken. Denn „Elend ist überaus verbreitet in Irland. Wenn Sie mit dem Strom schwimmen wollen, sollten Sie an Ihrer Depression arbeiten.“ Konkrete Ratschläge hierfür folgen auf dem Fuße.
Alles in allem verteilt der Volkskundler seine Anleitung zum Irischsein auf zehn Kapitel.
Forschungsfelder des Anthropologen sind Hochzeiten und Beerdigungen, Beruf, Gesundheit und die Politik.
Breiten Raum bekommt selbstredend das Thema Pub, denn nichts empfiehlt sich dringender als Forschungsmethode als die der „mittrinkenden Beobachtung“. Hier lernen Sie, wie man nachhaltig nervt, und sogar an das verminte Gebiet des richtigen Rundenschmeißens wagt Slattery sich.
Na denn, Slaínte!
(Beate Lemcke, Oktober 2015)
David Slattery „How To Be Irish“, ins Deutsche übertragen von Gabriele Haefs, bei btb erschienen für 14,99 Euro

Foto: die Rezensentin im Selbstversuch

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