Guinness, Guns and Girls

Erzählungen und ein Romanfragment von Brendan Behan

Auf Fotos sieht er ziemlich eindrucksvoll aus, dieser Brendan Behan. Selbstbewußt, kämpferisch, skeptisch; nicht unbedingt nahbar, aber auf jeden Fall wie einer, dem man gerne zuhören würde. Eine Erscheinung. Hemdsärmlig trifft es wohl, bodenständig-burschikos gekleidet.

Im Romanfragment „Die Katakomben“ heißt es an einer Stelle:

„Warum zum Teufel hängst du deine Sachen nicht auf?“

„Ich hab sie aufgehängt… auf dem Boden, wo sie nicht runterfallen können.“

Das ist äußerst praktisch gedacht.

In seinen Erinnerungen über die Behan-Brüder schreibt Brian, Brendan habe wie ein Heide gelebt, aber seinen Erstkommunionsanzug unter seinem Maleroverall getragen. Wie viele Schriftsteller habe er dazu geneigt, sich zu brüsten, ein „schlechter Katholik“ zu sein. Was ihn nicht davon abgehalten habe, nach seiner Erstkommunion zu beten, dass Gott ihn zu sich nehmen möge, damit er direkt in den Himmel komme. Was danach geschehen sei, fasst Brian Behan mit den drei Gs zusammen: Guinness, guns and girls.

Zum einhundertsten Geburtstag

Brendan Behan, der sich selber einmal als Trinker mit Schreibproblem charakterisierte, war ein Freiheitskämpfer und Anarchist, ein Trunkenbold und Unruhestifter, Dichter und Dramatiker (The Quare Fellow, The Hostage). Zu seinem einhundertsten Geburtstag im Februar 2023 brachte der Wagenbach-Verlag in seiner in rotes Leinen gewandeten Salto-Reihe den Band „Frau ohne Rang und Namen“ heraus. Dieser versammelt Erzählungen und ein Romanfragment von Brendan Behan, aus dem Irischen und Englischen übersetzt von Hans-Christian Oeser.

Brendan Behan war im nördlichen Dublin aufgewachsen und wurde bereits mit sechs oder acht Jahren (da widersprechen sich die Quellen) Mitglied der IRA-Jugendorganisation. Er saß mehrfach im Gefängnis, wobei die erste Strafe reduziert wurde, weil er noch so jung war. Genau wie die letzte seiner Großmutter, weil die zu alt war. Über die Zeit im Jugendgefängnis schrieb Brendan Behan seinen autobiographischen Roman „Borstal Boy“.

Die Vorgeschichte dazu findet sich im hier besprochenen Buch als Erzählung „Wie ich Borstal-Zögling wurde“. Eine andere nimmt den Leser mit auf eine Pilgerreise nach Rom, die freilich nicht zur inneren Einkehr führt.

Für Behan war die Freiheit Irlands wie eine zweite Religion, kampflos würde sich das nicht einstellen, eine gesellige Runde war ihm gleichwohl immer willkommen.

Ausstattung in blauem Serge

Um noch einmal auf die Kleidung zu schauen – da rankt sich eine Geschichte um seinen Firmanzug, die den liebenswerten, sanften Menschen zeichnet, der auch in späteren Jahren unter der rauhen Schale steckte. Anders als bei der Erstkommunion, da die Großmutter tief unter die Matratze gegriffen hatte und dem Jungen zu einem atemberaubenden Aufzug verhalf, bot sich für die Firmung Miss McCann aus der Nachbarschaft an. Gemeinhin fertigte sie an ihrer Nähmaschine Totenhemden. Nun war sie geradezu versessen darauf, den Jungen auszustatten in blauem Serge, mit Hose, Weste und einem Sakko mit winzigen Aufschlägen und Knöpfen so groß wie Untertassen. Wie die Geschichte ausgeht, kann einen nur einnehmen für den Jungen, denn dies war sein „Waterloo!“

Beate Lemcke

Brendan Behan „Frau ohne Rang und Namen“, Herausgegeben, aus dem Englischen und Irischen übersetzt und mit einem Nachwort von Hans-Christian Oeser, Fadenheftung, in Leinen gebunden, 134 Seiten, Wagenbach 2023, 22 Euro

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